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Dürfen Unternehmen ihren Mitarbeitenden die Gehaltsabrechnung rein digital zur Verfügung stellen – oder braucht es doch weiterhin Papier? Das Bundesarbeitsgericht hat dazu ein wegweisendes Urteil gefällt.
Das Erstellen der Lohn- und Gehaltsabrechnung gehört zu den wichtigsten Prozessen in Unternehmen. §108 der Gewerbeordnung (GewO) legt hier die Rahmenbedingungen fest. Ein wichtiger Punkt steht gleich im ersten Satz: „Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen.“
Der Unterschied zwischen Textform und Schriftform ist aktuell in der Personaldienstleistung ein großes Thema, gilt doch der Wegfall der Schriftformerfordernis im Arbeitsrecht als eine der größten Branchenneuheiten 2025. Für die Gehaltsabrechnung bedeutet die Festlegung auf „Textform“, dass sie grundsätzlich auch digital möglich ist, also nicht zwingend auf Papier ausgehändigt werden muss.
Unternehmen haben also die Wahl: Sie können die Lohn- und Gehaltsabrechnung Mitarbeitenden als Papierausdruck bereitstellen oder auch digital. Rund um den korrekten Weg der Übermittlung gibt es aber Unstimmigkeiten. Reicht es aus, wenn Unternehmen ihren Beschäftigten den Abruf über ein digitales Mitarbeiterpostfach ermöglichen? Das war bislang nicht eindeutig geregelt – bis jetzt.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 28. Januar 2025 entschieden, dass Arbeitgebende ihren gesetzlichen Pflichten rund um die Gehaltsabrechnung nachkommen können, indem sie Entgeltabrechnungen in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstellen. Dieses Urteil stärkt die Position der digitalen Personalverwaltung und bietet Unternehmen die Möglichkeit, papierlose Prozesse rechtssicher zu implementieren.
Hintergrund der Klage: Eine Mitarbeitende eines Einzelhandelsbetriebs war mit der Vorgehensweise des Konzernverbunds nicht einverstanden. Laut einer bestehenden Betriebsvereinbarung wurden dort alle Personaldokumente, insbesondere auch Entgeltabrechnungen, digital in einem geschützten Mitarbeiterpostfach bereitgestellt. Die Beschäftigten können das Postfach über einen passwortgeschützten Online-Zugriff jederzeit abrufen. Auf Grundlage einer Konzernbetriebsvereinbarung waren ab März 2022 Entgeltabrechnungen nur noch elektronisch zur Verfügung gestellt worden. Dem widersprach die Klägerin und verlangte weiterhin Abrechnungen in Papierform.
Das Verfahren zog sich durch verschiedene Instanzen, mit unterschiedlichen Einschätzungen. Das zuständige Landesarbeitsgericht hatte zum Beispiel der Klage vorher stattgegeben. Dabei war die Annahme, dass die Entgeltabrechnungen der Klägerin durch Einstellen in das Online-Portal nicht ordnungsgemäß zugestellt wurden. Schließlich handele es sich bei Lohn- und Gehaltsabrechnungen um zugangsbedürftige Erklärungen.
Der Konzern ging in Revision, diese hatte vor dem Neunten Senat des BAG Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die Entscheidung: Erteilt der Arbeitgebende Entgeltabrechnungen, indem er diese in ein digitales Mitarbeiterpostfach einstellt, wahrt er damit grundsätzlich die von der GewO vorgeschriebene Textform.
Wichtig ist: Der Anspruch eines Arbeitnehmenden auf Abrechnung seines Entgelts ist eine sogenannte Holschuld, die der Arbeitgebende erfüllen kann, ohne für den Zugang der Abrechnung beim Arbeitnehmenden verantwortlich zu sein. Es genügt, dass er die Abrechnung an einer elektronischen Ausgabestelle bereitstellt. Allerdings muss sichergestellt sein, dass alle Beschäftigten realen Zugang dazu haben. Wer privat keine Möglichkeit zur Nutzung eines digitalen Postfachs hat, darf nicht benachteiligt werden.
Die in der Konzernbetriebsvereinbarung geregelte digitale Zurverfügungstellung der Entgeltabrechnungen greift nach Ansicht des Gerichts auch nicht unverhältnismäßig in die Rechte der betroffenen Arbeitnehmenden ein. Ob jedoch der Konzernbetriebsrat bei der Einführung des digitalen Mitarbeiterpostfachs tatsächlich zuständig war, ist bislang nicht abschließend geklärt. Das zuständige Landesarbeitsgericht wird sich mit dieser Frage befassen.
Für Unternehmen bedeutet dieses Urteil, dass sie digitale Entgeltabrechnungen unter Beachtung bestimmter Rahmenbedingungen rechtssicher einführen können. Dabei sollten folgende Punkte beachtet werden:
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen können Unternehmen von den Vorteilen digitaler Prozesse profitieren und gleichzeitig den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden.
Fazit
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bestätigt, dass digitale Entgeltabrechnungen rechtssicher sind, solange sie den gesetzlichen Anforderungen an die Textform genügen. Unternehmen können damit papierlose Prozesse weiter vorantreiben, müssen aber sicherstellen, dass alle Beschäftigten einen geschützten digitalen Zugang zu ihren Abrechnungen haben. Eine transparente Kommunikation und klare betriebliche Regelungen sind entscheidend, um den Übergang erfolgreich und rechtskonform zu gestalten.
Foto: Adobe Stock / fotomek / 34520900
Jörg Geiger ist Diplom-Informatiker und arbeitet seit über 20 Jahren als Fachjournalist im Bereich Technik. Dabei interessiert er sich vor allem für IT, die den Alltag tatsächlich verbessert. Für den zvoove Blog berichtet er über Trends und Entwicklungen in der Gebäude- und Personaldienstleistung, sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf branchenspezifische Regelungen und Marktentwicklungen.