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Nach einem stressigen Arbeitsleben hat man sich die Rente redlich verdient. Das empfinden viele so, jedoch muss mit dem Renteneintritt das Arbeitsleben nicht zwingend enden. Nach Zahlen des sogenannten Mikrozensus arbeiten immer mehr ältere Menschen weiter oder suchen sich einen Nebenjob. Das hat verschiedene Gründe, Arbeitgebende und auch die Politik sehen hier aber einen Hebel, um den Mangel an Fach- und Hilfskräften abzumildern.
Laut Statistischem Bundesamt arbeiten in der Gruppe der „jüngeren Rentner“ (65 bis 74 Jahre) immerhin 13 Prozent über das Renteneintrittsalter hinaus. Finanzielle Gründe sind hier für ein Drittel ausschlaggebend, aber fast genau so viele (29 Prozent) nennen „Freude an der Arbeit“ als Hauptgrund. 11 Prozent finden den Job lukrativ oder wollen nicht aufhören, weil Partner oder Partnerin ebenfalls berufstätig sind. Die soziale Integration am Arbeitsplatz ist außerdem für 9 Prozent ausschlaggebend.
Ähnliche Ergebnisse zeigt eine Befragung des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Über ein Drittel (36 Prozent) der über 5.000 Befragten kann sich vorstellen, nach dem Renteneintritt weiterzuarbeiten. Besonders hoch ist die Zustimmung, wenig verwunderlich, wenn die Menschen in ihrem derzeitigen Job zufrieden sind und das Gefühl haben, eine wichtige Arbeit zu erledigen.
Das Potenzial älterer Arbeitnehmender ist auch der Politik nicht verborgen geblieben. In der Rentenversicherung gibt es schon länger die sogenannte Flexirente. Sie soll den Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand ganz ihrem Namen folgend flexibler gestalten und ein Weiterarbeiten über die reguläre Altersgrenze hinaus zusätzlich interessant machen.
Wer den Rentenbeginn verschiebt und weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt bleibt, erhält für jeden Monat des späteren Rentenbeginns einen Zuschlag von 0,5 Prozent auf seine Rente. Beispiel: Wird der Rentenbeginn um ein Jahr aufgeschoben, erhöht sich die Altersrente damit bereits um sechs Prozent plus um die weiter gezahlten Beiträge.
Andere Möglichkeit bei der Flexirente: Man geht in Rente und erhält auch die Rentenbezüge, arbeitet aber nebenbei weiter. Dafür hat der Gesetzgeber die sogenannte Hinzuverdienstgrenze abgeschafft. Das bedeutet, wer sich für Rente plus Nebenjob entscheidet, kann zusätzlich zur Rente beliebig viel hinzuverdienen, ohne dass es dort Kürzungen gibt. Allerdings müssen Rente und Arbeitslohn wie andere Einkommensarten gemeinsam versteuert werden.
Für Erwerbsminderungsrenten wurde die Hinzuverdienstgrenze seit 2023 deutlich angehoben: Erhält man eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung liegt die Hinzuverdienstgrenze bei 35.650 Euro, bei Renten wegen voller Erwerbsminderung liegt die Grenze bei 17.820 Euro.
Die Ampel-Regierung hatte zudem Pläne für eine neue Rentenaufschubprämie auf den Weg gebracht. Die Idee: Auch hier sollen Arbeitnehmende mit Erreichen des Renteneintrittsalters erstmal nicht in Rente gehen, sondern je nach Wunsch ein bis drei Jahre weiterarbeiten. Die Rente wird aber nicht parallel zum Gehalt überwiesen. Sie wird angespart und dann auf einen Schlag beim tatsächlichen Renteneintritt als Prämie ausbezahlt. Das entsprechende Gesetz wurde aber nicht final verabschiedet und es ist unklar, ob eine neue Regierung die Idee wieder aufgreift.
Doch das Modell, Rentner über das Eintrittsalter hinaus zu beschäftigen, hat Grenzen. Das derzeitige Renteneintrittsalter liegt bei 66 Jahren, ab Jahrgang 1964 steigt es auf 67 Jahre und es ist nicht auszuschließen, dass es weiter angehoben wird. Blickt man genauer hin, wer denn nach dem Renteneintrittsalter noch arbeitet, zeigt sich, dass es sich zumeist um jüngere Rentner handelt, denn ab 75 Jahren sinkt die Beschäftigtenquote deutlich auf 2 Prozent.
Lücken gäbe es auch noch bei Geschlechtern und Bildung zu schließen: Laut Mikrozensus liegt bei Männern im Alter zwischen 65 und 74 Jahren, der Anteil Arbeitender bei 16 Prozent. Bei der vergleichbaren Frauen-Altersgruppe ist dagegen nur jede Zehnte in Beschäftigung. Generell arbeiten auch Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen länger (18 Prozent) als solche mit niedrigem (11 Prozent) oder mittlerem Bildungsniveau (12 Prozent).
Einerseits sollen Rentner ein Mittel gegen Fachkräftemangel sein, andererseits scheut sich die Politik aber davor, die Rente mit 63 abzuschaffen. Die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren ist auch vielen Arbeitgebenden ein Dorn im Auge, bei den Beschäftigten dagegen ist diese Möglichkeit sehr beliebt. Hinzu kommt: Längst nicht jeder Beruf kann bis ins hohe Alter erledigt werden, denn nach einem langen Arbeitsleben seien Beschäftigte oftmals gesundheitlich beeinträchtigt.
Alarmierend ist eine Modellrechnung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung: Bis 2035 soll in der Gruppe der 55- bis 70-Jährigen die Zahl der Erwerbstätigen um rund 1,5 Millionen Personen sinken. Wer also darüber nachdenkt, trotz Renteneintrittsalter im Beruf zu bleiben, dürfte von vielen Unternehmen mit Kusshand genommen werden.
In der Praxis sollten sich Beschäftigte rechtzeitig Gedanken darüber machen, ob sie möglicherweise nach dem Erreichen des Rentenalters weiterarbeiten wollen oder nicht. Unbefristete Arbeitsverträge enden nicht immer automatisch im Alter, aber in Arbeits- oder Tarifverträgen kann es Austrittsklauseln geben, die festlegen, dass ein Arbeitsverhältnis spätestens ab dem Anspruch auf eine Regelaltersrente endet. Es gibt auch spezielle Berufe, die striktere Altersregeln vorschreiben.
Laut Sozialgesetzbuch sind individuelle Vereinbarungen in Arbeitsverträgen möglich, wenn beide Seiten zustimmen. Arbeitnehmende und Arbeitgebende sollten diese schriftlich festlegen, am besten vor dem vorgesehenen regulären Altersaustritt. Unabhängig vom bisherigen Vertrag ist es möglich, die Arbeitsbedingungen zu verändern – etwa künftig in Teilzeit oder im Homeoffice zu arbeiten.
Am besten bindet man Arbeitgebende frühzeitig ein und lässt sich von seinem Rentenversicherungsträger beraten, welche Varianten möglich sind. Dabei hilft es, sich ab Mitte 50 einen Überblick zu verschaffen, wie hoch die Rente ausfällt. Ein bis zwei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze sollten man dann eine Entscheidung treffen, wie es weitergehen soll.
Fazit
Erfahrene Fachkräfte ziehen zu lassen, ist für Unternehmen nicht einfach. Deshalb ist es keine schlechte Idee, älteren Arbeitnehmenden die Möglichkeiten einer Beschäftigung über das Renteneintrittsalter hinaus schmackhaft zu machen. Letztendlich muss das aber jeder selbst entscheiden. Neben einem Rentenaufschub besteht auch die Möglichkeit, Fachkräfte im Nebenjob zu halten, etwa um jüngeren Beschäftigten Wissen zu vermitteln. Bleibt zu hoffen, dass von Seiten des Gesetzgebers noch zusätzliche Vergünstigungen geschaffen werden. Jedoch darf das nicht die einzige Strategie gegen Fach- und Hilfskräftemangel bleiben.
Foto: © Adobe Stock / offsuperphoto / 658940380
Jörg Geiger ist Diplom-Informatiker und arbeitet seit über 20 Jahren als Fachjournalist im Bereich Technik. Dabei interessiert er sich vor allem für IT, die den Alltag tatsächlich verbessert. Für den zvoove Blog berichtet er über Trends und Entwicklungen in der Gebäude- und Personaldienstleistung, sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf branchenspezifische Regelungen und Marktentwicklungen.