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Dr. Alexander Bissels im Interview mit zvoove zum Wegfall der Schriftformerfordernis in der Zeitarbeit.

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18.12.2024 Alle Artikel

Wegfall der Schriftformerfordernis in der Zeitarbeit: Interview mit Dr. Alexander Bissels

Das Bild zeigt ein Piktogramm mit drei Personen.
von Die Redaktion
Fachjournalismus, Corporate Publishing und Marketing bei zvoove

zvoove: Herr Dr. Bissels, der „Wegfall der Schriftformerfordernis im Arbeitsrecht“ gilt als größte Neuheit für Personaldienstleistende 2025. Ganz kurz erklärt, was bedeutet das für Unternehmen in der Branche?

Dr. Alexander Bissels: Kurz zusammengefasst ersetzt der Gesetzgeber an einigen Stellen im Gesetz die strenge Schriftform durch die leichter zu erfüllende Textform, unter anderem bei Arbeitnehmerüberlassungsverträgen. Damit können diese zukünftig wesentlich schneller und leichter abgeschlossen werden.

zvoove: Die Idee im dahinter stehenden Bürokratieentlastungsgesetz (BEV IV) ist klar, statt Papierausdruck und händischer Unterschrift sollen an vielen Stellen auch digitale Formate rechtsgültig sein. Dies gilt aber – anders als vielfach dargestellt – nicht uneingeschränkt für digitale Arbeitsverträge.

Dr. Bissels: Das ist richtig, zumindest wenn der Arbeitsvertrag eine Befristungsabrede enthält. Diese bedarf auch weiterhin der strengen Schriftform (also wet ink) oder – zumindest nach herrschender Meinung – der elektronischen Form (also qualifizierte elektronische Signatur). Eine Ausnahme sieht das BEG IV für sogenannte Altersbefristungen vor, die die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen des Regelrentenalters vorsehen. Ab dem 1.1.2025 genügt in diesen Fällen zum wirksamen Abschluss der Befristung die Textform.

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zvoove: Blicken wir genauer rein, was ändert sich bei Arbeitnehmerüberlassungsverträgen ab 2025 nun konkret?

Dr. Bissels: Bis zum 31.12.2024 müssen Arbeitnehmerüberlassungsverträge jeweils von dem Personaldienstleister und dem Kunden wechselseitig gezeichnet (im Original mit „wet ink“ oder unter Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur) und per Post oder Boten der jeweils anderen Partei vor dem Einsatzbeginn des Zeitarbeitnehmers übermittelt worden sein. Ab dem 1.1.2025 können Arbeitnehmerüberlassungsverträge wirksam per Textform abgeschlossen und damit auch elektronisch, also ohne einen erheblichen Aufwand und insbesondere ohne Zeitverzug, zum Beispiel per E-Mail abgeschlossen werden.

„Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen nach dem Nachweisgesetz wird ab dem 1.1.2025 grundsätzlich für die Textform geöffnet. Aber leider nicht uneingeschränkt. Der Nachweis muss nach wie vor unter Wahrung der strengen Schriftform erbracht werden, wenn Arbeitnehmer dies verlangen.“

zvoove: Welche Änderungen gibt es im Nachweisgesetz?

Dr. Bissels: Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen nach dem Nachweisgesetz wird ab dem 1.1.2025 grundsätzlich für die Textform geöffnet. Aber leider nicht uneingeschränkt. Der Nachweis muss nach wie vor unter Wahrung der strengen Schriftform erbracht werden, wenn Arbeitnehmer dies verlangen. Zudem sind die Branchen von dem Nachweis per Textform ausgenommen, die in § 2a SchwarzArbG genannt sind. Die Zeitarbeit zählt zwar nicht dazu, jedoch wird zumindest darüber diskutiert, ob die strenge Schriftform für den Nachweis gilt, wenn Arbeitnehmer bei Kunden eingesetzt werden, die einer in § 2a SchwarzArbG genannten Branche angehören.

zvoove: Was gilt bei Befristungen in Arbeitsverträgen?

Dr. Bissels: Wenn nicht gerade die oben beschriebene Ausnahme bei einer Befristung auf das Erreichen des jeweilige Regelrentenalters greift, bleibt bedauerlicherweise alles beim Alten. Dies heißt: wet ink oder – nach herrschender Meinung – qualifizierte elektronische Signatur. Wird diese Form nicht beachtet, besteht das Risiko, dass Zeitarbeitnehmer die Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses geltend machen und möglicherweise gerichtlich feststellen lassen.

zvoove: Zurück zu den Arbeitnehmerüberlassungsverträgen, wo sehen Sie die Vorteile der neuen Möglichkeiten?

Dr. Bissels: Die Vorteile liegen auf der Hand: der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag kann zeitlich sehr schnell, zum Beispiel durch die Übermittlung per E-Mail, und ohne erheblichen personellen und organisatorischen Aufwand abgeschlossen werden. Das heißt auch, dass Kosten gespart und personelle Ressourcen geschaffen werden, die für wirklich sinnstiftende Tätigkeiten genutzt werden können.

„In jedem Fall sollten Altvereinbarungen, die mit dem Kunden vor dem 1.1.2025 abgeschlossen worden sind und in denen noch auf die gesetzliche Schriftform Bezug genommen wird, mit Wirkung zum 1.1.2025 angepasst werden.“

zvoove: Gibt es auch Nachteile beziehungsweise Stolpersteine, die Personaldienstleistende kennen sollten, wenn sie auf Textform umstellen?

Dr. Bissels: In jedem Fall sollten Altvereinbarungen, die mit dem Kunden vor dem 1.1.2025 abgeschlossen worden sind und in denen noch auf die gesetzliche Schriftform Bezug genommen wird, mit Wirkung zum 1.1.2025 angepasst werden. Insbesondere für vor diesem Datum abgeschlossene Rahmenarbeitnehmerüberlassungsverträge sollte vereinbart werden, dass für ab dem 1.1.2025 zu schließende Einzelarbeitnehmerüberlassungsverträge die Textform gilt. Diese Änderung ist übrigens unter Wahrung der Schriftform zu vereinbaren.

zvoove: Arbeitnehmerüberlassungsverträge einfach per Mail oder sogar per WhatsApp schließen, klingt einerseits toll, andererseits sind Mail-Postfächer oft überlaufen und Chat-Verläufe unübersichtlich. Wie lässt sich hier der Überblick behalten?

Dr. Bissels: Personaldienstleister sollten sich einen konkreten Prozess überlegen, den es beim Abschluss von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen in Textform einzuhalten gilt. Ansonsten wird es schnell unübersichtlich. Zudem sollten die abgeschlossenen Verträge an einem vorab festzulegenden Ort (digital) abgelegt werden, damit diese jederzeit auffindbar und abrufbar sind, insbesondere bei Prüfungen.

„Personaldienstleister sollten sich einen konkreten Prozess überlegen, den es beim Abschluss von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen in Textform einzuhalten gilt. Ansonsten wird es schnell unübersichtlich.“

zvoove: Müssen Unternehmen denn zwingend Ihre Prozesse auf Textform umstellen oder können sie Arbeitnehmerüberlassungsverträge auch weiterhin in Schriftform beziehungsweise mit bestehenden Prozessen abschließen?

Dr. Bissels: Die Textform bei dem Abschluss von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen ist kein Muss, sondern eine Option, die der Gesetzgeber ab dem 1.1.2025 zur Verfügung stellt. Wer nach wie vor auf die Schriftform setzt, kann dies auch über den 31.12.2024 hinaus machen und damit die gesetzlichen Anforderungen „übererfüllen“. Ob man sich dies antut, sollte aber gut überlegt sein.

„Dazu gehört es auch, dass die Kunden abgeholt werden. Wer jetzt noch nicht aktiv geworden ist, muss sich folglich beeilen, um die Umstellung in- und extern ‚sauber‘ vorzubereiten.“

zvoove: Auch Sie haben sich schon sehr positiv zu den neuen Regelungen geäußert, versprechen diese doch erhebliche Entlastungen. Was sollten Unternehmen aus der Zeitarbeit denn jetzt tun, um optimal davon zu profitieren?

Dr. Bissels: Personaldienstleister sollten sich – sofern dies noch nicht geschehen sein sollte – schnellstmöglich darum kümmern, dass die Prozesse für die Nutzung der Textform bis zum 1.1.2025 „stehen“ und ab diesem Datum funktionieren. Dazu gehört es auch, dass die Kunden abgeholt werden. Wer jetzt noch nicht aktiv geworden ist, muss sich folglich beeilen, um die Umstellung in- und extern „sauber“ vorzubereiten. Über Jahre beziehungsweise Jahrzehnte wurde um die Textform beim Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gekämpft; diese Chance sollten Personaldienstleister nun auch nutzen.

„Über Jahre beziehungsweise Jahrzehnte wurde um die Textform beim Arbeitnehmerüberlassungsvertrag gekämpft; diese Chance sollten Personaldienstleister nun auch nutzen.“

zvoove: Die Bürokratieentlastung scheint in der Praxis dann doch reichlich kompliziert zu sein. Was sollte der Gesetzgeber aus Ihrer Sicht als Nächstes anpacken, um Unternehmen in der Personaldienstleistung das Leben leichter zu machen?

Dr. Bissels: Wichtig wäre, dass der Gesetzgeber den bestehenden Flickenteppich bei den Formerfordernissen, insbesondere beim Nachweisgesetz und bei Befristungen, „bereinigt“ und allgemein auf die Textform umstellt. Dies würde Prozesse erheblich vereinfachen und verschlanken. Speziell für Personaldienstleister wäre es natürlich wünschenswert, wenn es zu einer weiteren gesetzlichen Deregulierung kommen würde, etwa bei der Fachkräftegewinnung in Drittstaaten oder der Aufhebung von Sektoralverboten, insbesondere im Bauhauptgewerbe beziehungsweise der Überlassungshöchstdauer.

zvoove: Herr Dr. Bissels, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Zur Person

Dr. Alexander Bissels ist Partner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht bei CMS Hasche Sigle in Köln. Er berät umfassend in sämtlichen Gebieten des Individual- und Kollektivarbeitsrechts, vor allem im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung. Darüber hinaus ist er Autor zahlreicher Publikationen und hält regelmäßig Vorträge zur Arbeitnehmerüberlassung.

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