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14.11.2024 Alle Artikel

Zeitarbeit: Fachliche Weisungen für das AÜG aktualisiert

Das Bild ist ein Porträt unseres freien Mitarbeiters in der Redaktion Jörg Geiger.
von Jörg Geiger
Freier Fachjournalist bei zvoove

Fachliche Weisungen zum AÜG: Umfangreiches Update

Für Personaldienstleister ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) tägliches Brot und das mit Abstand wichtigste Gesetz. Doch die puren Gesetzestexte sind eher für Rechtsexperten gemacht. Wer sich informieren will, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) die zentralen Vorschriften des AÜG auslegt, sollte einen Blick in die Fachlichen Weisungen werfen.

Diese haben im Oktober 2024 zum ersten Mal seit rund fünf Jahren wieder ein Update erhalten. Gut zu wissen: Prüfteams und Teams der Sachbearbeitung der BA orientieren sich bei ihren Betriebsprüfungen ab sofort an diesen Vorgaben.

Laut BA beziehen sich die Änderungen auf zahlreiche Punkte: „Gesetzesänderungen und aktuelle Rechtsprechung erfordern eine Aktualisierung der Fachlichen Weisungen zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Neben klarstellenden Ergänzungen und Erläuterungen wurden in der Praxis nicht mehr relevante Fallgestaltungen gestrichen.“

Zahlreiche Änderungen im Detail

Geändert hat sich eine Menge, zumindest im Detail und im Vergleich zu den vorherigen Updates. Allein die Änderungsauflistung seit der letzten Veröffentlichung 2019 umfasst eine Stichpunktliste von rund eineinhalb DIN-A4-Seiten. Die Fachlichen Weisungen in der Ausgabe Herbst 2024 sind damit jetzt insgesamt 108 Seiten stark. Wir stellen zwei wichtige Änderungen vor und listen am Ende des Beitrags zur Übersicht sämtliche Aktualisierungen auf.

Arbeitnehmerüberlassung: Territorialitätsprinzip überraschend interpretiert

Ein zentraler Punkt im AÜG ist das sogenannte Territorialitätsprinzip. Räumlich beschränkt es den Geltungsbereich der Erlaubnispflicht des AÜG auf die Bundesrepublik Deutschland. Damit gilt das AÜG für jede gewerbsmäßige innerdeutsche Überlassung von Arbeitnehmenden, auch wenn ausländische Unternehmen ihre ausländischen Arbeitnehmenden an Kunden in Deutschland überlassen. Dafür wird ein hinreichender Inlandsbezug vorausgesetzt, der bisher gegeben war, wenn Arbeitnehmende dafür deutschen Boden betraten.

Neu betrachtet werden in den aktuellen Fachlichen Weisungen Tätigkeiten, die keine Präsenz in Deutschland voraussetzen. Zum Beispiel können viele IT-Tätigkeiten virtuell aus dem Ausland übernommen werden. „Erlaubnisrechtlich ist entscheidend, ob die Überlassung Inlandsbezug aufweist. Das ist bei ortsunabhängigen Arbeitsleistungen regelmäßig der Fall, wenn die Überlassung vom Inland aus erfolgt oder der Leiharbeitnehmer virtuell für einen inländischen Entleiher tätig wird“, heißt es von der BA.

Arbeitnehmerüberlassung ohne Präsenz in Deutschland neu bewertet

Die Neuinterpretation des Territorialitätsprinzips in den neuen Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit erweitert den Geltungsbereich des AÜG erheblich. Bisher war eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nur erforderlich, wenn überlassene Mitarbeitende physisch in Deutschland tätig waren. Nun kann auch eine rein virtuelle Tätigkeit aus dem Ausland unter die Erlaubnispflicht fallen, wenn die Arbeitsleistung für einen deutschen Entleiher erbracht wird oder die Überlassung vom Inland aus erfolgt.

Damit rücken Modelle wie der „Employer of Record“ in den Fokus. Dabei beschäftigt ein Unternehmen mit Sitz im Ausland Arbeitnehmende und verleiht diese an deutsche Unternehmen. Die Arbeitsleistung wird jedoch ausschließlich im Ausland erbracht.

Unternehmen, die Remote-Modelle mit aus dem Ausland arbeitenden Zeitarbeitskräften nutzen, sowie Unternehmen, die auf „Employer of Record“-Modelle setzen, sollten die eigene Situation von Rechtsexperten prüfen lassen, um Probleme zu vermeiden.

Zur Begründung heißt es: „Um den Schutz des Teilarbeitsmarkts Arbeitnehmerüberlassung zu wahren, kann bei Arbeitsleistungen, die ortsunabhängig ausschließlich im Homeoffice bzw. als ausschließliche Telearbeit erbracht werden, nicht allein darauf abgestellt werden, wo sich der Leiharbeitnehmer rein körperlich befindet“.

Höhere finanzielle Anforderungen bei Beantragung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis

Zur Beantragung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung sind jetzt zudem höhere liquide Mittel Voraussetzung. Mussten bisher mindestens 10.000 Euro als liquide Mittel nachgewiesen werden, bei Beschäftigung von mehr als fünf Leiharbeitskräften 2.000 Euro pro Person, sind es jetzt Minimum 15.000 Euro sowie 3.000 Euro pro Leiharbeitnehmendem.

Für eine in diesem Zusammenhang in der Praxis oft auftretende Fragestellung gibt es aber auch in den aktuellen Fachlichen Weisungen keine Klarstellung: Oft wird diskutiert, ob die Bonitätsanforderungen nur für Vollzeitkräfte oder auch für Teilzeitmitarbeitende und Minijobber gelten.

Fachliche Weisungen zum AÜG: Komplette Liste aller Änderungen

  • Präzisierung zum Geltungsbereich des AÜG (1.1.1 Abs. 1 und 2)
  • Klarstellende Ergänzung zum Entleih-Betrieb (1.1.2 Abs. 4)
  • Klarstellende Ergänzung zur Scheinselbstständigkeit (1.1.2 Abs. 6)
  • Klarstellende Ergänzung zur Arbeitnehmereigenschaft von GmbH-Geschäftsführern (1.1.2 Abs. 8)
  • Rein redaktionelle Änderung zum Kettenverleih (1.1.2 Abs. 12)
  • Klarstellende Ergänzung zur Ausbildung (1.1.2 Abs. 13)
  • Klarstellende Ergänzung zur wirtschaftlichen Tätigkeit (1.1.3 Abs. 1)
  • Löschung ausschließlich infolge geringer Praxisrelevanz – Gestellung von Sicherungsposten bei Gleisbauarbeiten (1.1.4 Abs. 2)
  • Ergänzung infolge Rechtsänderung durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz (1.1.4 Abs. 5)
  • Löschung ausschließlich infolge geringer Praxisrelevanz – Gestellung von Betriebs- und Haushaltshilfen in der Landwirtschaft (1.1.5 Abs. 1, 2 und 3)
  • Löschung ausschließlich infolge geringer Praxisrelevanz – Weiteres Beschäftigungsverhältnis bei Ruhendstellung des ursprünglichen Beschäftigungsverhältnisses (1.1.5 Abs. 10)
  • Ergänzung infolge Rechtsänderung durch das Pflegeberufegesetz (1.1.5 Abs. 16)
  • Ergänzung zum Einsatz von Notärzten im Rettungsdienst (1.1.5 Abs. 17)
  • Klarstellende Ergänzung zur Abgrenzung (1.1.6 Abs. 2)
  • Ergänzung infolge Rechtsänderung durch das Arbeitsschutzkontrollgesetz (1.1.6.1 Abs. 6)
  • Redaktionelle Kürzung (1.2)
  • Sprachliche Änderung zum Berechnungsgrundsatz und redaktionelle Änderung der Berechnungsbeispiele (1.2.1 Abs. 1)
  • Klarstellende Ergänzung zur Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen (1.4.2 Abs. 8)
  • Klarstellende Ergänzung zur Schriftform (1a.2 Abs.1)
  • Klarstellende Ergänzung zur Schriftform (2.1.1 Abs. 2)
  • Löschung der Erhebung eines Gebührenvorschusses infolge geänderter Verwaltungspraxis (2.1.1 Abs. 5)
  • Redaktionelle Korrektur (2.1.4.1 Abs. 1 Buchst. d und g)
  • Anpassung Bonitätsnachweis infolge gestiegener Löhne (2.1.4.1 Abs.1 Buchst. g)
  • Löschung wegen fehlender Praxisrelevanz (2.1.4.1 Abs. 4)
  • Redaktionelle Korrekturen (2.1.4.2)
  • Anpassung Bonitätsnachweis infolge gestiegener Löhne (2.1.4.2 Abs. 2 Buchst. c)
  • Klarstellende Ergänzung zur Entscheidung über den Antrag (2.1.5)
  • Klarstellende Ergänzung zur Bekanntgabe von Entscheidungen (2.1.6 Abs. 1)
  • Klarstellende Änderung und Ergänzung zur Erlaubnisurkunde (2.1.7)
  • Löschung der Bestätigung über den früheren Besitz einer Erlaubnis infolge fehlender Praxisrelevanz (2.1.7 Abs. 3)
  • Aktualisierung infolge geänderter Verwaltungspraxis und Ergänzung zur Nutzung BA-interner Informationsquellen (2.4 Abs. 2)
  • Klarstellende Ergänzung zum Nichtgebrauch der Erlaubnis (2.5 Abs. 5)
  • Löschung infolge Reform des Gebührenrechts (2a. und 5.1)
  • Klarstellende Ergänzung zur BA-internen Zusammenarbeit (3.1.2 Abs. 7)
  • Aktualisierung infolge Änderung des AufenthG (3.1.1 Abs. 4)
  • Ergänzung zum TzBfG aufgrund Änderung der Rechtsprechung (3.1.1 Abs. 8)
  • Bereinigung infolge praktischer Irrelevanz (3.1.3 Abs. 2)
  • Anpassung Bonitätsnachweis infolge gestiegener Löhne (3.1.3 Abs. 5)
  • Sprachliche Anpassung zur Klarstellung bei einschlägiger Verurteilung (3.1.3 Abs. 6)
  • Sprachliche Richtigstellung (3.1.3 Abs. 7)
  • Aktualisierung infolge Gesetzesänderung beim Betreuungsrecht (3.1.3 Abs. 9)
  • Klarstellende Ergänzung zur Betriebsorganisation (3.1.4 Abs. 2 und 3)
  • Klarstellende Ergänzung zum Verleih im Ausland (3.2)
  • Klarstellende Ergänzung zum Verleih aus Drittstaaten (3.3)
  • Klarstellende Ergänzung zur elektronischen Bekanntgabe (6.1 Abs. 2)
  • Klarstellende Ergänzung zum Rechtsformwechsel (7.2 Abs. 4)
  • Klarstellende Ergänzung zur Vorlage von Geschäftsunterlagen (7.3 Abs. 7)
  • Praxisrelevante Ergänzung zum Arbeitsentgelt und Sachbezügen (8.1 Abs. 2)
  • Klarstellende Ergänzung zur Gleichstellung (8.1 Abs. 4)
  • Löschung wegen fehlender Praxisrelevanz (8.1 Abs. 8)
  • Löschung ausschließlich aufgrund geringer Praxisrelevanz – Gleichstellung in Werkstätten für behinderte Menschen bei Vorliegen von Arbeitnehmerüberlassung (8.1 Abs. 8)
  • Präzisierung zu den Auswirkungen des BAG-Urteils vom 16.10.2019 (8.2 Abs. 3)
  • Präzisierung zu den Auswirkungen des BAG-Urteils vom 16.10.2019 (8.5 Nr. 5)
  • Präzisierung zu den gesetzlichen Änderungen des AEntG
  • Ergänzung infolge des EuGH-Urteils vom 15.12.2022 und des BAG-Urteils vom 31.05.2023 (8.5 Nr. 15)
  • Ergänzung infolge des BAG-Urteils vom 26.04.2022 (9 Abs. 4a)
  • Ergänzung infolge des BAG-Urteils vom 26.04.2022 (10 Abs. 2a)
  • Klarstellende Formulierung (11 Abs. 11)
  • Ergänzung zur BMASBGebV infolge Reform des Gebührenrechts
  • Bereinigung wegen Übergang des Einzugs der Sozialkassenbeiträge für das Berliner Baugewerbe auf die Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes in Wiesbaden (Anlage Ziffer 4)

Fazit

Das PDF-Dokument ist eine zentrale Quelle für Personaldienstleister, um sich rechtlich auf sicherem Terrain zu bewegen. Die neuen Fachlichen Weisungen umfassen viele Änderungen, von der Auslegung des Territorialitätsprinzips bis hin zu geänderten Bonitätsanforderungen. Der Gesamtverband der Personaldienstleister GVP hat bereits seine Rechtsabteilung mit einer detaillierten Analyse beauftragt und will nach Auswertung über die Änderungen noch einmal gesondert informieren. Um rechtliche Risiken zu vermeiden, sollten Unternehmen dennoch frühzeitig prüfen, welche Regelungen ihre spezifischen Prozesse betreffen.

Foto: © Adobe Stock / Robert Kneschke / 187302074

Autor
Das Bild ist ein Porträt unseres freien Mitarbeiters in der Redaktion Jörg Geiger.
Jörg Geiger
Freier Fachjournalist | zvoove

Jörg Geiger ist Diplom-Informatiker und arbeitet seit über 20 Jahren als Fachjournalist im Bereich Technik. Dabei interessiert er sich vor allem für IT, die den Alltag tatsächlich verbessert. Für den zvoove Blog berichtet er über Trends und Entwicklungen in der Gebäude- und Personaldienstleistung, sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf branchenspezifische Regelungen und Marktentwicklungen.

 

 

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