Sie finden unsere Artikel spannend?
Dann melden Sie sich zu unserem Newsletter an und erhalten Neuigkeiten direkt in Ihre Inbox.
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein Präventionsinstrument, um Mitarbeiter vor Arbeitsunfähigkeit zu bewahren. Es dient der Sicherung des Arbeitsplatzes und der Beschäftigungsfähigkeit eines Arbeitnehmers. Unternehmen sind verpflichtet, ihren Beschäftigten ein BEM zu gewähren, wenn diese in einem Jahr länger als 6 Wochen am Stück oder wiederholt krankgeschrieben waren. Dass dies nicht nur für behinderte Menschen gilt, wurde in einem Gerichtsurteil des Bundesarbeitsgerichts festgelegt (Urteil des BAG vom 12.7. 2007 – 2 AZR 716/06). Die Pflicht inkludiert alle betroffenen Mitarbeiter, d. h. auch Teilzeitbeschäftigte, Auszubildende oder Zeitarbeitskräfte. Eine Ausnahme gilt für Beschäftigte, die innerhalb der Probezeit eine Kündigung erhalten. Die Ursache der Krankheit ist für das BEM unerheblich. Das Instrument ist auch bei einer nicht arbeitsbedingten Krankheitsursache anzubieten. Irrelevant ist, ob der Mitarbeiter wegen einer oder verschiedener Krankheiten krankgeschrieben wurde. Das BEM muss nicht auf einer bestimmten Krankheit oder Ursache der AU beruhen.
Das betriebliche Eingliederungsmanagement hat eine präventive und arbeitsplatzerhaltende Funktion. Als Präventionsmaßnahme soll es einer erneuten Arbeitsunfähigkeit des Mitarbeiters vorbeugen. Fehlzeiten bei erneuter Erkrankung sollen dadurch eingedämmt werden. Dies trägt zum einen zur Sicherung des Arbeitsplatzes bei. Zum anderen wird die allgemeine Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers erhalten. Vor allem ältere Mitarbeiter können so länger arbeitsfähig bleiben. Sie werden vor Arbeitslosigkeit und einer möglichen Frühverrentung geschützt. Dies ist insbesondere in Zeiten des demografischen Wandels mit einem wachsenden Anteil älterer Erwerbsfähiger von Bedeutung. Hinzu kommen Fachkräfteengpässe oder ein flächendeckender Fachkräftemangel, die eine Rekrutierung neuer Mitarbeiter erschweren. Gelingt es, Erwerbsminderungsrenten und Krankengeldzahlungen zu verringern, werden die Sozialkassen entlastet.
Arbeitgeber profitieren von geringeren Fehlzeiten und den dadurch eingesparten Kosten. Sie tragen dazu bei, dass ihre Beschäftigten ihre Tätigkeit langfristig ausüben können. Ihre Mitarbeiter sind gesünder, was sich positiv auf die Leistungsfähigkeit und Produktivität auswirken kann. Durch die Sicherung des Arbeitsplatzes sparen Recruiter Kosten für die Fluktuation und Neurekrutierung von Mitarbeitern. So tragen sie zur langfristigen Fachkräftesicherung im Unternehmen bei. Indem Unternehmen ein betriebliches Präventionsangebot aufbauen, können sie Imagegewinne erzielen. Das Angebot kann die Zufriedenheit der Arbeitnehmer positiv beeinflussen und die Bindung an den Arbeitgeber stärken. Dies wiederum kann zu einem verbesserten Betriebsklima beitragen.
Seit 2004 stehen Arbeitgeber in der Pflicht, ein BEM für länger erkrankte Mitarbeiter zu ermöglichen. Gesetzlich verankert ist dieser Anspruch in § 167 Absatz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Arbeitgeber sollen Beschäftigten eine BEM anbieten, wenn diese:
länger als 6 Wochen im Jahr ununterbrochen krankgeschrieben sind
wiederholt krankheitsbedingt ausfallen
In diesen Fällen haben Arbeitgeber eine Initiativpflicht. Arbeitnehmer verfügen über ein entsprechendes Initiativrecht. Der Arbeitgeber klärt gemeinsam mit der Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat), wie die Arbeitsunfähigkeit verringert werden kann. Die betroffenen Arbeitnehmer sind an dem BEM-Gespräch zu beteiligen. Im Gespräch geht es darum, gemeinsame Lösungen zu finden und im Rahmen des BEM zu implementieren. Um das BEM durchzuführen, ist die Zustimmung des Betroffenen erforderlich. Die Teilnahme ist freiwillig und die Mitarbeiter können sie jederzeit beenden. Handelt es sich bei der Person um einen Menschen mit Schwerbehinderung, ist die Schwerbehindertenvertretung hinzuzuziehen. Soweit vorhanden oder erforderlich, kann auch der Betriebs- oder Werkarzt konsultiert werden. Über folgende Punkte ist der Mitarbeiter zu informieren:
Ziele des BEM
Art und Umfang der Daten, die für das BEM verarbeitet werden (Schutz der persönlichen Daten)
Zur Bewältigung des Arbeitsalltags können begleitende Hilfen oder Leistungen beantragt werden. In dem Fall wird ein Rehabilitationsträger herangezogen, um die Leistungen zu beantragen. Bei schwerbehinderten Menschen ist das Integrationsamt zuständig (Amt für die Sicherung der Integration schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben). Eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn der Grad der Behinderung mindestens 50 % beträgt und voraussichtlich über 6 Monate anhält. Das Schwerbehindertenrecht ist im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) geregelt. Rehabilitationsträger und Integrationsamt können Arbeitgeber durch Prämien oder Boni fördern, wenn diese ein BEM einführen.
Eine besondere Rolle spielt das BEM im Kündigungsrecht. Das Instrument bezweckt, mildere Mittel als eine krankheitsbedingte Kündigung einzusetzen. Damit trägt es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Die Kündigung soll durch weniger drastische Maßnahmen verhindert werden. Arbeitgeber sind dazu angehalten, alle zumutbaren Möglichkeiten zur Vermeidung der Kündigung auszuschöpfen. Das BEM kann dazu beitragen, dass Beschäftigte ihren Arbeitsplatz behalten (Arbeitsplatzsicherung). Oder es hilft bei der Identifizierung geeigneter Maßnahmen, zum Beispiel der Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters an einem anderen Arbeitsplatz. Kommt es doch zu einer krankheitsbedingten Kündigung, müssen Arbeitgeber beweisen, dass die Kündigung trotz BEM unvermeidbar gewesen ist.
Das BEM sollte strukturiert durchgeführt werden, um allen gesetzlichen Anforderungen zu genügen. Vorab werden zum Beispiel die Ziele des BEM Verfahrens festgelegt und die einzelnen Schritte im Prozess definiert. Zudem müssen die BEM Verantwortlichen bestimmt werden. Das sind z. B. die Interessenvertreter des Mitarbeiters und Vertreter des Arbeitgebers. Letztere sind häufig Angehörige der Personalabteilung. Handelt es sich bei dem Betroffenen um eine schwerbehinderte Person, ist deren Vertrauensperson heranzuziehen. Bei Bedarf werden Werks- oder Betriebsarzt, Rehabilitationsträger, Mitarbeiter des Integrationsamts oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit involviert. Zur Durchführung des BEM sind krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erfassen. Nicht bei allen AU-Zeiten über 6 Wochen ist ein BEM sinnvoll. Dies muss individuell entschieden werden. Vor der Maßnahme ist der Mitarbeiter in einem Gespräch über die Ziele und den Schutz seiner Daten zu informieren. Dies erfolgt, bevor er seine Zustimmung oder Ablehnung ausspricht. Nach Abschluss des BEM sollte ein Controlling durchgeführt werden. Dadurch lässt sich beurteilen, wie zielführend die Maßnahmen waren. Außerdem können Defizite erkannt und Verbesserungen implementiert werden.
Um festzustellen, ob eine BEM erforderlich ist, müssen krankheitsbedingte Fehlzeiten erfasst werden. Dadurch lässt sich prüfen, ob ein Mitarbeiter länger als 6 Wochen am Stück ausgefallen ist oder wiederholte Krankheitsphasen vorliegen. Da es sich bei Krankheitsdaten um sensible Daten handelt, sind diese besonders zu schützen. Der Arbeitgeber muss den Mitarbeiter auf Art und Umfang der verarbeiteten Daten hinweisen (Hinweispflicht). Zur Erhebung und Verarbeitung der Daten ist außerdem eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich (z. B. Betriebsvereinbarung, gesonderte schriftliche Datenschutzerklärung, freiwillige Einwilligung). Wichtig ist, dass die Grundsätze zum Datenschutz in der EU-Datenschutzgrundverordnung eingehalten werden. Dies gilt insbesondere für Art. 5 DSGVO. Dieser sieht 6 Grundätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten vor. Die Verarbeitung muss rechtmäßig und für Betroffene transparent erfolgen. Die Daten dürfen nur zweckgebunden verarbeitet und sollten minimal gehalten werden. Fehlerhafte Daten sind zu korrigieren oder zu löschen. Außerdem muss die Sicherheit personenbezogener Daten gewährleistet werden. Sie sind zum Beispiel vor unbefugten Zugriffen oder Verlusten zu schützen.
Der Arbeitgeber erhält ausschließlich die erforderlichen Informationen. Die Diagnose der Erkrankung braucht er nicht zu kennen. Allerdings sollte er über gesundheitliche Einschränkungen am Arbeitsplatz informiert sein. Auch die Inhalte in der Personalakte umfassen nur notwendige Daten. In der Akte wird Folgendes aufgenommen:
Angebot des BEM: Hat der Arbeitgeber ein BEM angeboten?
Zustimmung des Mitarbeiters: War der Arbeitnehmer mit dem BEM einverstanden?
Maßnahmen: Welche konkreten Maßnahmen wurden angeboten?
Alle weiteren Informationen sind separat in einer BEM-Akte zu archivieren.
Ein BEM ist ein Instrument, um die Arbeitsunfähigkeit länger erkrankter Mitarbeiter zu überwinden oder ihr vorzubeugen. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, Mitarbeitern ein BEM anzubieten, wenn diese 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren (167 Abs. 2 SGB IX). Diese Pflicht bezieht sich auf alle betroffenen Beschäftigten, d. h. nicht nur auf Menschen mit Behinderung. Auch Teilzeitbeschäftigte, Auszubildende oder Leiharbeiter sind zu inkludieren. Zur Initiierung des BEM ist die Erhebung und Verarbeitung von Daten erforderlich. Da es sich um sensible Daten handelt, muss der Arbeitgeber datenschutzrechtliche Anforderungen einhalten. Die Teilnahme erfolgt freiwillig, der Mitarbeiter muss ihr vorab zustimmen. Im Vorfeld findet ein Gespräch mit den BEM Verantwortlichen statt, um die Ziele und das Vorgehen zu klären. Ein wichtiges Ziel ist die Sicherung des Arbeitsplatzes und der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit. Arbeitgeber können Fehlzeiten und damit verbundene Kosten reduzieren. Sie tragen dazu bei, dass ihre Mitarbeiter langfristig arbeitsfähig bleiben. Dadurch sparen sie Kosten für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Eine wichtige Rolle spielt das BEM auch im Kündigungsrecht. Es stellt ein milderes Mittel als die Kündigung dar. Nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit sind Arbeitgeber dazu angehalten, zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung einer Kündigung einzuleiten. Einer krankheitsbedingten Kündigung sollte in dem Fall ein BEM vorausgehen.
Diesen Beitrag teilen