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Zum Recruiting-Alltag zählt nicht nur die Suche nach passenden Talenten, sondern auch der Ausschluss ungeeigneter Kandidaten. Sofern ein Interessent nicht für die ausgeschriebene Position in Frage kommt, ist die Bewerbungsabsage der nächste Schritt. Rein rechtlich betrachtet sind Unternehmen nicht dazu verpflichtet, unpassenden Kandidaten abzusagen. Im Zuge des umkämpften Talentmarktes und des ständig an Bedeutung zunehmenden Employer Brandings ist eine zeitnahe negative Rückmeldung dennoch ratsam. Wenn bereits ein Jobinterview/Assessment Center/Einstellungstest stattgefunden hat, nimmt die offizielle Absage einen besonders hohen Stellenwert ein, da das Image des Arbeitgebers andernfalls beschädigt werden kann. Schließlich haben Bewerber auf Jobbewertungsportalen wie kununu die Möglichkeit, ihre (schlechten) Erfahrungen zu teilen. Und laut Umfragen ist eine ausbleibende Rückmeldung, selbst wenn diese negativ ist, bei Bewerbern extrem unbeliebt. Höchste Priorität bei Bewerbungsabsagen hat die AGG-konforme Formulierung des Schreibens. Personalverantwortliche sollten außerdem bestimmte Feedbackzeiten und Datenschutzrichtlinien einhalten, um auf der sicheren Seite zu sein. Die wichtigsten Praxistipps im Überblick.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt sicher, dass Personen bei der Arbeitssuche nicht diskriminiert werden. Unternehmen sollten insbesondere die in §1 AGG festgelegten Benachteiligungskriterien im Hinblick auf den Bewerbungsprozess berücksichtigen:
Benachteiligungskriterien laut § 1 AGG:
Lehnt die Personalabteilung einen Jobinteressenten aus einem dieser Gründe ab oder lässt in der Formulierung ihrer Absage zu viel Interpretationsspielraum, haben Bewerber das Recht auf eine Schadensersatzklage. Laut §15 Absatz 2 kann eine solche Entschädigung bis zu drei Monatsgehälter betragen. Das Gesetz legt auch fest, dass abgelehnte Kandidaten ihren Anspruch zwei Monate nach Erhalt der Absage geltend machen müssen – sofern der Tarifvertrag keine abweichenden Fristen beinhaltet. Im Anschluss haben Bewerber drei Monate Zeit, um Klage gegen das Unternehmen zu erheben.
Im Hinblick auf das aktuell gültige AGG und seine strengen Benachteiligungskriterien ist es für Personaler zwingend notwendig, jedes Wort der Bewerbungsabsage vorab auf die Goldwaage zu legen und sich an sichere Formulierungen zu halten. Gängige Phrasen wie „Bitte betrachten Sie diese Entscheidung nicht als Wertung Ihrer fachlichen Kompetenz“ sind dennoch fehl am Platze. Der Satz beinhaltet zu viele Interpretationsmöglichkeiten: Wenn es nicht an der fachlichen Qualifikation lag – dann an der Hautfarbe, der Religion, dem Alter…? An dieser Stelle gibt es laut aktuell gültigem AGG für Personalverantwortliche nur eine rechtssichere Begründung – und das ist das Abweichen der Bewerberkompetenzen vom Anforderungsprofil der Stelle. Nicht erfüllte Anforderungen könnten demnach unter anderem sein:
Achtung: Die jeweilige Anforderung für die Ausübung der Position muss unbedingt nachvollziehbar sein.
Kommt es dennoch zur Schadensersatzklage, sollten Firmen belegen können, dass ihr Auswahlverfahren diskriminierungsfrei verlaufen ist. Die Dokumentation einzelner Schritte sowie die Korrespondenzen mit Kandidaten sind hierfür sehr hilfreich. Folgende Punkte sollten Arbeitgeber beachten und dokumentieren:
Mit dem Einzug der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung 2018 änderte sich auch für Prozesse im Personalwesen vieles. Für Recruiter sind insbesondere Artikel 88 DSGVO und §26 BDSG-neu wichtig. In unserem Blogbeitrag Häufige Fragen und Antworten zur EU-DSGVO klären wir die wichtigsten Eckpunkte. Bezogen auf Bewerbungsabsagen sind für HR-Experten folgende Punkte zu beachten:
Stellenausschreibungen und Bewerbungsabsagen sind durch das AGG und daraus resultierende Schadensersatzklagen ein sensibles Thema. Um als Unternehmen einerseits rechtlich abgesichert zu sein und andererseits das Employer Branding nicht zu beschädigen, ist es oft eine Gratwanderung. Um den Interpretationsraum in Absageschreiben möglichst klein zu halten, bedienen sich viele Arbeitgeber an neutralen Floskeln. Eine Entscheidung, die zu Frustration seitens des Bewerbers führen kann. Der Bezug auf die Diskrepanz zwischen dem Stellenprofil und den vorhandenen Qualifikationen ist dagegen rechtssicher, persönlich und kann mit entsprechender Formulierung nachvollziehbar und freundlich vermittelt werden.
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