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Bewerbungsabsage

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Zum Recruiting-Alltag zählt nicht nur die Suche nach passenden Talenten, sondern auch der Ausschluss ungeeigneter Kandidaten. Sofern ein Interessent nicht für die ausgeschriebene Position in Frage kommt, ist die Bewerbungsabsage der nächste Schritt. Rein rechtlich betrachtet sind Unternehmen nicht dazu verpflichtet, unpassenden Kandidaten abzusagen. Im Zuge des umkämpften Talentmarktes und des ständig an Bedeutung zunehmenden Employer Brandings ist eine zeitnahe negative Rückmeldung dennoch ratsam. Wenn bereits ein Jobinterview/Assessment Center/Einstellungstest stattgefunden hat, nimmt die offizielle Absage einen besonders hohen Stellenwert ein, da das Image des Arbeitgebers andernfalls beschädigt werden kann. Schließlich haben Bewerber auf Jobbewertungsportalen wie kununu die Möglichkeit, ihre (schlechten) Erfahrungen zu teilen. Und laut Umfragen ist eine ausbleibende Rückmeldung, selbst wenn diese negativ ist, bei Bewerbern extrem unbeliebt. Höchste Priorität bei Bewerbungsabsagen hat die AGG-konforme Formulierung des Schreibens. Personalverantwortliche sollten außerdem bestimmte Feedbackzeiten und Datenschutzrichtlinien einhalten, um auf der sicheren Seite zu sein. Die wichtigsten Praxistipps im Überblick.

Bewerbungsabsagen und das AGG

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt sicher, dass Personen bei der Arbeitssuche nicht diskriminiert werden. Unternehmen sollten insbesondere die in §1 AGG festgelegten Benachteiligungskriterien im Hinblick auf den Bewerbungsprozess berücksichtigen:

Benachteiligungskriterien laut § 1 AGG:

  • Rasse oder ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • Sexuelle Identität (also sexuelle Orientierung, z.B. Homosexualität, Bisexualität etc.) sowie die Geschlechtsidentität (Transgender)

Lehnt die Personalabteilung einen Jobinteressenten aus einem dieser Gründe ab oder lässt in der Formulierung ihrer Absage zu viel Interpretationsspielraum, haben Bewerber das Recht auf eine Schadensersatzklage. Laut §15 Absatz 2 kann eine solche Entschädigung bis zu drei Monatsgehälter betragen. Das Gesetz legt auch fest, dass abgelehnte Kandidaten ihren Anspruch zwei Monate nach Erhalt der Absage geltend machen müssen – sofern der Tarifvertrag keine abweichenden Fristen beinhaltet. Im Anschluss haben Bewerber drei Monate Zeit, um Klage gegen das Unternehmen zu erheben.

Im Hinblick auf das aktuell gültige AGG und seine strengen Benachteiligungskriterien ist es für Personaler zwingend notwendig, jedes Wort der Bewerbungsabsage vorab auf die Goldwaage zu legen und sich an sichere Formulierungen zu halten. Gängige Phrasen wie „Bitte betrachten Sie diese Entscheidung nicht als Wertung Ihrer fachlichen Kompetenz“ sind dennoch fehl am Platze. Der Satz beinhaltet zu viele Interpretationsmöglichkeiten: Wenn es nicht an der fachlichen Qualifikation lag – dann an der Hautfarbe, der Religion, dem Alter…? An dieser Stelle gibt es laut aktuell gültigem AGG für Personalverantwortliche nur eine rechtssichere Begründungund das ist das Abweichen der Bewerberkompetenzen vom Anforderungsprofil der Stelle. Nicht erfüllte Anforderungen könnten demnach unter anderem sein:

  • Fehlende Berufserfahrung
  • Fehlende fachliche, sprachliche oder technologische Kenntnisse
  • Gewisse Berufsausbildungen oder das Studium

Achtung: Die jeweilige Anforderung für die Ausübung der Position muss unbedingt nachvollziehbar sein.

HR-Tipps für Bewerbungsabsagen

  • Employer Branding: Vor allem im Zusammenhang mit Job-Absagen darf die Arbeitgebermarke nicht zum Kollateralschaden werden. Kardinalfehler Nummer eins: Bewerbern gar keine Rückmeldung geben. So bleibt das Unternehmen langfristig negativ im Gedächtnis des ehemaligen Kandidaten haften. Fehler Nummer zwei sind Standardfloskeln. Hinter jeder Bewerbung stehen viele Stunden Arbeit und sofern sogar ein Vorstellungsgespräch stattfand, sind Copy-Paste-Formulierungen in der Bewerbungsabsage tabu.
  • Feedbackzeiten: Laut einer Umfrage zur Erwartungshaltung von Kandidaten im Bewerbungsprozess aus dem Jahr 2017 erwarten 51 % der Befragten binnen 24 Stunden nach Bewerbungseinreichung eine Eingangsbestätigung. Schnelle Reaktionen während des gesamten Prozesses sind in Zeiten digitaler Kommunikation notwendig, um sich als Unternehmen angemessen zu positionieren – auch bei Bewerbungsabsagen. Schnelle Feedbackzeiten lassen sich durch effektive Workflows im Personaler-Alltag realisieren: In dem Bewerbermanagementsystem prosoftrecruiting© ist es möglich, Aktion per Mausklick zu definieren. Im Kandidatenprofil können Nutzer z.B. der Status „Absage“ auswählen. Im Anschluss kann der HR-Verantwortliche Informationen zu Absagegründen im Profil hinterlegen – als Dokumentation für etwaige Diskriminierungsvorwürfe.
  • Formulierungen: Negative Formulierungen wie „mit großem Bedauern“, „leider“, „unglücklicherweise“ etc. haben den psychologischen Effekt, dass sie die Brisanz der überbrachten Botschaft noch verstärken.  Soll heißen: Noch bevor die Botschaft angekommen ist („Bitte nehmen Sie es nicht persönlich“) passiert genau das. Experten der Tufts University Boston fanden außerdem heraus, dass das menschliche Gehirn bis zu 400 Millisekunden länger braucht, wenn es Sätze mit Verneinungen begreifen soll. Das verstärkt diesen Effekt zusätzlich.
  • Bewerberpool: Aus der Rhetorik ist bekannt, dass das zuletzt Gesagte/Gelesene im Gedächtnis haften bleibt. Sofern ein Kandidat grundsätzlich qualifiziert, aber für eine andere (derzeit nicht vakante) Position in Frage kommt, sollte das formuliert werden. Die Bitte, die Daten aufzubewahren, um denjenigen zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu kontaktieren, schafft Wertschätzung und ist ein positiver Abschluss. Durch das schriftliche Einverständnis ist es außerdem rechtskonform, die Daten im Talentpool zu hinterlegen.
  • Kommt es dennoch zur Schadensersatzklage, sollten Firmen belegen können, dass ihr Auswahlverfahren diskriminierungsfrei verlaufen ist. Die Dokumentation einzelner Schritte sowie die Korrespondenzen mit Kandidaten sind hierfür sehr hilfreich. Folgende Punkte sollten Arbeitgeber beachten und dokumentieren:

    • Klar formulierte Anforderungen in Stellenausschreibung
    • AGG-konforme Stellenausschreibung (z.B. m/w/d)
    • Im Vorstellungsgespräch: Mehrere Personen sind anwesend (Zeugenfunktion)
    • Im Vorstellungsgespräch: Notizen zu Bewerber-Antworten
    • Bei Assessment Center/Einstellungstests etc.: Dokumentation der Ergebnisse
    • Vergleich aller Kandidaten hinsichtlich der gestellten Qualifikationen
    • Ablage des Absageschreibens und idealerweise Dokumentation über die Zustellung beim Bewerber

    Datenschutz bei Bewerbungsabsagen

    Mit dem Einzug der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung 2018 änderte sich auch für Prozesse im Personalwesen vieles. Für Recruiter sind insbesondere Artikel 88 DSGVO und §26 BDSG-neu wichtig. In unserem Blogbeitrag Häufige Fragen und Antworten zur EU-DSGVO klären wir die wichtigsten Eckpunkte. Bezogen auf Bewerbungsabsagen sind für HR-Experten folgende Punkte zu beachten:

    • Laut Artikel 15, DSGVO Bewerber haben das Recht, umfangreiche Auskunft über ihre gespeicherten Daten einzufordern. Eine lückenlose Dokumentation ist daher notwendig, um jederzeit die Zweckgebundenheit nahvollziehen zu können. HR-Lösungen wie prosoftrecruiting© bieten diese Möglichkeit, da einzelne Aktionen und Vermerke im Kandidatenprofil gespeichert werden können.
    • Wenn eine Stelle besetzt ist, besteht prinzipiell kein Grund mehr, die Daten von anderen Kandidaten aufzuheben. ABER: Die eventuelle Klage seitens eines Bewerbers ist nicht auszuschließen. Um gegen potentielle Diskriminierungsvorwürfen vorgehen zu können, dürfen Unternehmen die Daten speichern. Generell werden für die Speicherung maximal sechs Monate nach Zugang der Ablehnung veranschlagt. Für eine längere Aufbewahrung (z.B. zwecks Talentpool) benötigen Firmen eine schriftliche Einverständniserklärung des Bewerbers.

     

    Fazit

    Stellenausschreibungen und Bewerbungsabsagen sind durch das AGG und daraus resultierende Schadensersatzklagen ein sensibles Thema. Um als Unternehmen einerseits rechtlich abgesichert zu sein und andererseits das Employer Branding nicht zu beschädigen, ist es oft eine Gratwanderung. Um den Interpretationsraum in Absageschreiben möglichst klein zu halten, bedienen sich viele Arbeitgeber an neutralen Floskeln. Eine Entscheidung, die zu Frustration seitens des Bewerbers führen kann. Der Bezug auf die Diskrepanz zwischen dem Stellenprofil und den vorhandenen Qualifikationen ist dagegen rechtssicher, persönlich und kann mit entsprechender Formulierung nachvollziehbar und freundlich vermittelt werden.

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