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Humanvermögensrechnung

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Die Humanvermögensrechnung (Human Resource Accounting) ist die systematische und regelmäßige Erfassung der Kosten und Bewertung menschlicher Ressourcen (Human Capital) eines Unternehmens. Damit fällt die Humanvermögensrechnung meist in den Zuständigkeitsbereich der Personalentwicklung. Hier soll die Berechnungsmöglichkeit Methoden bereitstellen, die Auskünfte über Kosten und Wert von Arbeitnehmern liefern. In der Literatur und Anwendungspraxis sind die drei folgenden Punkte als wesentliche Einzelaufgaben der Humanvermögensrechnung definiert worden:

  • Methodenentwicklung zur Erfassung des Human Capitals sowie deren Darstellung in Form von Vermögenswerten
  • Regelmäßige Aktualisierung dieser Humanvermögenswerte
  • Ein daraus abgeleiteter Maßnahmenplan für die Personalplanung

Die Grundidee der Humanvermögensrechnung ist, dass Unternehmensbilanzen nicht dazu im Stande sind, menschliche Ressourcen zu berücksichtigen. Das Problem: Motivierte und gut ausgebildete Experten sind der maßgebliche Faktor für den Unternehmenserfolg, weshalb dem „Faktor Personal“ ein entsprechend wichtiger Stellenwert zukommt. Ein Blick auf den wirtschaftlichen Kontext macht es deutlich: Die Europäische Kommission verfolgt bereits seit vielen Jahren die Strategie, die EU als „wettbewerbsfähigen und wissensbasierten Wirtschaftraum“ anzupreisen. Tatsächlich beeinflusst die wachsende Bedeutung von Wissen unsere Gesellschaft enorm. So verlagern sich Arbeitsplätze vom Industrie- immer mehr in den Dienstleistungssektor und insbesondere wissensorientierte Dienstleistungen stehen hoch im Kurs. Aus diesem Grund spielt es eine immer größere Rolle, das klassische Rechnungswesen um den ökonomischen Wert der menschlichen Ressource eines Unternehmens zu ergänzen. Denn: Das Leistungspotential der Mitarbeiter generiert ebenfalls Umsatz und ist daher ebenso ein Vermögensgut wie materielle Produkte. 

Modelle der Humanvermögensrechnung

Das Ziel der Humanvermögensrechnung ist es also, das Leistungspotential der Mitarbeiter zu bestimmen um dem Personalcontrolling einen Entscheidungsfaktor zu liefern. Die Leistungspotentiale von Mitarbeitern zu bemessen ist allerdings umstritten, da sich menschliche Eigenschaften schwer erfassen lassen und deren Bewertung subjektiven Einflüssen ausgesetzt ist. Um den Wert von Mitarbeitern zu bestimmen, gibt es in der Personalentwicklung zwei Modelle:

  • Kostenorientierte Modelle (Human Resource Cost Accounting) à Beziehen sich auf periodenbezogene Aufwendungen (z.B. Gehaltszahlungen, Urlaubsgeld, etc.) und auf intensive Aufwendungen (z.B. Recruiting-Kosten, Weiterbildung, etc.)
  • Wertorientierte Modelle (Human Resource Value Accounting) à Beziehen sich auf die zu erwartende Leistung eines Mitarbeiters

Kostenorientierte Modelle

Bewertung mit Anschaffungskosten: Dieses Modell basiert auf HR-Kosten aus der Vergangenheit, wie das Anwerben, die Entwicklung oder die Erhaltung (Akquisitionskosten/Lernkosten) eines Arbeitnehmers. Die investierten Anschaffungskosten stehen also zusammenfassend für das Leistungspotential eines Mitarbeiters. Vorteil: Verlässlichkeit & Nachprüfbarkeit des Verfahrens. Nachteil: Ausbildungskosten vor Eintritt in die Firma werden nicht berücksichtigt. Natürliche Fähigkeiten des Mitarbeiters fließen nicht mit ein.

Bewertung mit Wiederbeschaffungskosten: Dieses Modell erfasst das Humanvermögen, indem es die anfallenden Kosten bei der Schaffung einer neuen Stelle oder einer personellen Neubesetzung miteinbezieht. Als Berechnungsgrundlage dienen die Kenntnisse und Fähigkeiten des ausscheidenden Arbeitnehmers bzw. die Bewertung stellenspezifischer Anforderungen.

Bewertung mit Opportunitätskosten: Die Grundidee dieser Bewertung ist, dass jede Ressource nur dann etwas wert ist, wenn es eine alternative Verwendungsmöglichkeit für sie gibt. Diese Herangehensweise bewertet daher nur Arbeitnehmer, die als knappe Ressource gelten. Um zu ermitteln, ob ein Mitarbeiter als „knappe Ressource“ eingestuft werden kann, gibt es eine interne, fiktive Auktion, in der für einzelne Mitarbeiter geboten wird. Arbeitnehmer, die problemlos ersetzt werden können, gelten nicht als knappe Güter und werden nicht bewertet. 

Bewertung mit zukünftigen Einkünften: Dieses Modell bewertet das Humankapital anhand der zukünftigen Einkünfte eines Mitarbeiters. I.d.R. geht man hierbei nicht vom Individuum, sondern von einer Gruppenbasis aus. So können beispielsweise mathematische Modelle genutzt werden, um die altersbedingten Einkommensentwicklungen der Arbeitnehmer zu berechnen. Im nächsten Schritt kann der ermittelte Wert auf einzelne Mitarbeiter heruntergebrochen werden.

Wertorientierte Modelle

Firmenwert-Methode: Diese vergangenheitsbezogene Methode versucht, den Humankapitalwert einer Firma durch den Vergleich der Unternehmensrendite mit der Durchschnittsrendite der Branche zu ermitteln. Nachteil: Statt eines absoluten Wertes des Humanvermögens werden ausschließlich jährliche Veränderungen gegenüber dem Branchendurchschnitt erfasst.

Methode der Verhaltensvariablen: Diese Methode versucht, soziale Einflüsse miteinzubeziehen. Hier wird das Humankapital in drei Variablengruppen unterteilt: 1. Führungsstil, 2. Betriebsklima/Motivation, 3. Produktivität/Marktanteil. Alle drei Variablen beeinflussen sich gegenseitig. Nachteil: Das Modell bezieht sich lediglich auf Wirkungszusammenhänge ohne monetäre Größen und ist eine subjektive Einschätzung, die zu falschen personaltechnischen Entscheidungen führen können.

Bewertung auf Basis der zukünftigen Leistung: Dieses zukunftsorientierte Modell basiert auf der Idee, dass sich der Wert eines Arbeitnehmers durch den zukünftig entstehenden Nutzen für das Unternehmen darstellen lässt. Das Humankapital wird daher als Summe der zukünftigen Beiträge der Belegschaft betrachtet. Beeinflusst wird diese Einschätzung von 1. Der Stellung innerhalb der Hierarchie, 2. Dem Leistungsniveau in einer bestimmten Stellung, 3. Dauer des Verbleibs in dieser Stellung. Nachteil: Der Großteil dieser Daten muss geschätzt werden und ist daher nicht sehr aussagekräftig.

Bisher gilt die Methode der zukünftigen Leistungsbeiträge als differenziertester Ansatz, um die menschliche Ressource zu bemessen. Der große Vorteil dieser Berechnung liegt in der ganzheitlichen Betrachtung des Arbeitnehmers, die sowohl seine Leistungsbeiträge, als auch deren Abhängigkeit von unternehmensspezifischen Umständen berücksichtigt. Laut Experten ermöglicht diese Kombination einen realistischen Berechnungsansatz.

 

Fazit

Die Humanvermögensrechnung hat das Ziel, dem Personalcontrolling wichtige Kennzahlen zu liefern, auf deren Basis Entscheidungen und Maßnahmenpläne getroffen bzw. abgeleitet werden können. Arbeitnehmer als Vermögensgegenstand zu betrachten, stößt allerdings immer wieder auf große Kritik. Diese analytische Herangehensweise an personalpolitische Entscheidungen ist außerdem nicht dazu im Stande, weiche Faktoren wie das Betriebsklima oder die Motivation tatsächlich zu messen und zu beziffern. Darüber hinaus sind Variablen wie die Leistungsbereitschaft wiederum von organisatorischen Faktoren abhängig, die ständig variieren und je nach Betrieb sehr unterschiedlich ausfallen. Grundsätzlich existiert keine einheitliche Definition darüber, was genau das Humankapital wirklich ausmacht. Eine allgemeingültige Humanvermögensrechnung gibt es schlussendlich nicht, weshalb jedes Unternehmen individuell entscheiden muss, welche Modelle im organisatorischen Kontext sinnvoll sind. 

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