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Das Personalmanagement steht in Zeiten der Digitalisierung und der Industrie 4.0 vor neuen Herausforderungen: Um Personalbedarfe zu decken, müssen auf Basis des ermittelten Soll-Personalbestands die richtige Anzahl an Mitarbeiter:innen mit den richtigen Qualifikationen eingeplant und bereitgestellt werden.
Wie erfolgreich die Personalgewinnung gelingt, hängt auch vom Arbeitsmarkt ab: Zurzeit herrscht in einigen Berufen ein Ungleichgewicht zwischen angebotenen und nachgefragten Qualifikationen. Dieses Qualifikationsungleichgewicht führt dazu, dass in einigen Branchen, Regionen und Berufen Fachkräftengpässe entstehen, aktuell etwa in der Pflege. Spannend wird die Qualifikationsentwicklung mit Blick auf die Digitalisierung und Industrie 4.0: Künstliche Intelligenz, Big Data, das Internet der Dinge und cyberphysische Systeme (CPS) führen zu einer Veränderung nachgefragter Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt, neue Berufsbilder entstehen, alte verschwinden.
Laut der Kompetenzentwicklungsstudie Industrie 4.0 der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften sind etwa Kompetenzen im Bereich Datenauswertung und Datenanalyse, bereichsübergreifendes Prozess-Know-how und Prozessmanagement, Kundenbeziehungsmanagement, IT- und Führungskompetenz von zentraler Bedeutung. Die veränderten Qualifikationsanforderungen gehen mit neuen oder modifizierten Aufgaben, Arbeitsabläufen und Unternehmensstrukturen einher, auf die sich das Personalwesen vorbereiten muss. Eine flexiblere Wertschöpfungskette und schwankende Auslastungen, machen ein vorausschauende und schnelle Anpassung des Personalbedarfs erforderlich.
Laut der Studie „Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) weisen Unternehmen einen wachsenden Bedarf an kurzfristiger Kapazitätsflexibilität auf: Schon heute berichten Unternehmen von starken Schwankungen im personalseitigen Kapazitätsbedarf, die nach eigenen Angaben erwartungsgemäß noch zunehmen werden. Auch diese Entwicklungen sollte ein zukunftsgerichtete Personalbedarfsplanung mit einbeziehen, um künftige Personalbedarfe durch interne und externe Personalbeschaffung zu decken. Es gilt, personalseitig möglichst frühzeitig und flexibel auf Schwankungen reagieren zu können, qualifizierte Mitarbeiter:innen zu finden und bestehende zu qualifizieren.
Je nach Anlass und Charakterisierung des anfallenden Bedarfs lassen sich 6 Arten des Personalbedarfs unterscheiden:
Einsatzbedarf: Der Einsatzbedarf ist der Bedarf, der unmittelbar zur Bewältigung der Arbeitsmenge bzw. zur Erreichung der Unternehmensziele erforderlich ist.
Reservebedarf: Unvermeidbare Arbeitsausfälle durch Fehlzeiten (z. B. Krankheiten, Absentismus, Freistellungen) werden durch einen Reservebedarf abgefangen.
Ersatzbedarf: Bei vorhersehbaren Ausfällen, zum Beispiel durch dispositionsbedingte (Beförderung, Versetzung…) und statistisch erfassbaren Abgängen (z. B. Altersruhestand) entsteht ein Ersatzbedarf.
Neubedarf: Ein Neubedarf entsteht im Zuge organisatorischer Erweiterungen, Erweiterungsinvestitionen, Kapazitätsausweitungen oder neu anfallender Aufgaben.
Zusatzbedarf: Ist kurzfristig weiteres Personal erforderlich, zum Beispiel aufgrund von Auftragsspitzen oder saisonaler Hochphasen, fällt Zusatzbedarf an.
Minderbedarf: Rezession oder Rationalisierungserfordernisse können dazu führen, dass ein Minderbedarf entsteht und Personalfreistellungen erforderlich werden.
Der Personalbedarf lässt sich in 3 Schritten ermitteln. Wichtige Größen dabei sind der Brutto- und Netto-Personalbedarf:
Brutto-Personalbedarf: Der Brutto-Personalbedarf ist eine Sollgröße, die sich aus dem Einsatz- und dem Reservebedarf ergibt, der für die Realisierung von Unternehmens- und Absatzzielen im Planungszeitraum erforderlich ist. Er zeigt auf, wie viele Mitarbeiter:innen mit welchen Qualifikationen benötigt werden. Zur Einschätzung des Brutto-Personalbedarfs können z. B. einfache Schätzverfahren durch erfahrene Führungskräfte vorgenommen werden.
Besteht ein Zusammenhang zwischen betrieblichen Einflussgrößen und dem Personalbedarf (z. B. Ausbringungsmengen, Pro-Kopf-Umsatz, Anzahl der Kund:innen/Kundenaufträge, Umsatz pro Mitarbeiter:in pro Monat), können Kennzahlen zur Ermittlung des Personalbedarfs eingesetzt werden. Ein Beispiel:
Das Unternehmen plant die Produktion von 500 Einheiten eines Produkts. Die Produktionszeit pro Einheit beträgt 8 Stunden, die durchschnittliche monatliche Arbeitszeit pro Mitarbeiter:in liegt bei 160 Stunden. Für Ausfallzeiten (z. B. Krankheit) kalkuliert das Unternehmen einen Ausfallzuschlag von 15 %:
Personalbedarf = (500 x 8) / 160 = 25 Mitarbeiter:innen
Zuschlag 15 %: 25 /100 x 15 = 3,75 Mitarbeiter:innen
Gesamtbedarf: 25 + 3,75 Mitarbeiter:innen = 28,75 Mitarbeiter:innen
Ein Vergleich von Soll- und Ist-Bestand unter Berücksichtigung der Zu- und Abgänge zeigt, ob mit personellen Unter- oder Überdeckungen zu rechnen ist.
Fortgeschriebener Personalbestand: Der fortgeschriebene Personalbestand ergibt sich aus der Addition feststehender Zugänge zum gegenwärtigen Personalbestand und der Subtraktion der voraussichtlichen Abgänge. Die Zu- und Abgänge werden in einer monatlichen Statistik unter Angaben der Abgangs- bzw. Zugangsgründe erfasst, um Prognosen über Personalbewegungen zu treffen.
Netto-Personalbedarf: Der Netto-Personalbedarf gibt an, ob für die Planungsperiode eine Personalunterdeckung oder Personalüberdeckung vorliegt. Zur Ermittlung des Netto-Personalbedarfs werden der Brutto-Personalbedarf und der fortgeschriebene bzw. erwartete Personalbestand benötigt. Der fortgeschriebene Personalbestand wird vom Bruttopersonalbedarf subtrahiert. Ein Netto-Personalbedarf < 0 deutet auf eine Personalüberdeckung hin, ein Wert > 0 auf eine Personalunterdeckung und einen Personalbeschaffungsbedarf. Zusammengefasst sind folgende Schritte erforderlich:
Fazit
Die Personalbedarfsplanung ist eine wichtige Grundlage für die Realisierung von Unternehmenszielen und spezifischen Zielgrößen: Sie ermittelt den Personalbestand, der für die Zielerreichung im Planungszeitraum erforderlich ist, um die notwendigen Personalkapazitäten in quantitativer, qualitativer, zeitlicher und örtlicher Hinsicht sicherzustellen. Wichtige Größen in der Personalbedarfs- und Maßnahmenplanung sind der Brutto- und Netto-Personalbedarf: Ein Vergleich des künftigen und erwarteten Personalbestands (Soll-Ist-Vergleich) bietet eine Grundlage für die Ausarbeitung konkreter Maßnahmen zur Personalbeschaffung, -freistellung und -entwicklung.
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